Selbstständigkeit als Trend? Muss das sein?

Alltag als Selbstständige

Seit einiger Zeit beobachte ich aus meinem stillen Kämmerchen heraus eine neue Trendform, die immer mehr Zuwachs findet und von allen Seiten angefeuert wird. Die Rede ist von Selbstständigkeit als DIE beruflich alles lösende Arbeitsform. Selbstständigkeit wird als Trend gehypt und verspricht damit alle Träume zu erfüllen. Nur die Folgen und Risiken werden verschwiegen.

2017 scheint geradezu ein Boom in Sachen „selbstständig machen“ ausgebrochen zu sein. An jeder Ecke findet man Informationen, Ratgeber und Selbstständige, die wiederum damit werben, Menschen bei ihrem Start in die Selbstständigkeit und ihren Träumen zu unterstützen. Geworben wird mit wunderbaren Phrasen, wie „Träume endlich erfüllen“, „Nie mehr arbeiten müssen“, „Endlich das Leben führen zu können, dass du dir wünschst“ und „10.000 Euro im Monat verdienen“.

Ich finde es grundsätzlich toll, dass immer mehr Frauen den Schritt wagen, den Mut haben und ihre Zukunft in ihrer Selbstständigkeit sehen. Auch mit Frau Chefin ist es eines meiner großen Ziele, Frauen für die Selbstständigkeit zu begeistern, dich dabei zu unterstützen, dir zu helfen.

Allerdings habe ich dabei auch schwere Bauchschmerzen. Und das aus verschiedenen Gründen.

Denn über die Risiken, Gefahren und vielleicht auch Nachteile möchte keiner reden. Schließlich wäre das wie ein Verrat an den eigenen „Berufsstand“. Immerhin sind wir die coolen, die auf der Sonnenseite des Lebens stehen, weil wir nie mehr arbeiten müssen. Selbstständigkeit wird als etwas gehypt, was es oftmals nicht halten kann – und es wird eine Traumvorstellung und Erwartungshaltung aufgebaut, die in meinen Augen bedenklich ist.

Was meine Bauchschmerzen mittlerweile nahezu täglich verschlimmert, ist mein Eindruck, dass jeder um mich herum, der beruflich in einer kleinen Sackgasse steckt oder nicht zu hundert Prozent zufrieden mit seiner Festanstellung ist, den Schritt in die Selbstständigkeit wagt. Frei nach dem Motto: „Ach mein Chef nervt, die Beförderung habe ich auch nicht bekommen und langweilig ist mein Job auch – dann mache ich mich eben selbstständig, da geht mir keiner auf die Nerven“.

Trend SelbstständigkeitMeine Bauchschmerzen verstärkt die damit einhergehende Blauäugigkeit, die erschreckend viele Gründerinnen an den Tag legen. Selbstständigkeit als Phantasieland? So wird es oft verkauft. Am Pool liegen, die Sonne genießen und nur noch vier Stunden pro Woche arbeiten – und natürlich mächtig Kohle machen. Kein Wunder, dass dann Aussagen wie „ha, dann arbeite ich nur noch, wenn ich Bock drauf habe“ oder „dann verdiene ich endlich so viel, wie ich will“ mir viel öfter über den Weg laufen, als es mir lieb ist.

Wie geschrieben, ich finde es grundsätzlich toll, wenn man sich selbstständig macht. Ich finde es auch absolut grandios, wenn man dort über sich hinaus wächst und voll und ganz darin aufgeht und behaupten kann, „dass es die beste Entscheidung meines Lebens war“.

Ich könnte allerdings brechen und habe auch wenig Verständnis dafür, wenn ich lese, dass „man das halt mal ausprobieren wolle“ oder „es cool findet“ oder sogar „endlich nicht mehr arbeiten will, weil Selbstständigkeit schließlich verspricht, dass man sooo viel Spaß hat, dass es sich nicht mehr wie arbeiten anfühlt“.

Natürlich weißt du nicht, ob Selbstständigkeit etwas für dich ist, wenn du es nicht ausprobiert hast. Klar ist es sehr oft so, dass es sich nicht wie arbeiten anfühlt, weil es Spaß macht. Und ja, es ist auch sehr oft cool. Aber das ist nur eine Seite der Medaille. Nämlich die, die man überall liest und nach außen hin verkauft wird.

Die Schattenseiten werden schön verschwiegen.

Natürlich wirbt keine Gründerplattform damit, dass Selbstständigkeit auch mal scheiße ist. Natürlich verplappert sich seltenst ein Gründungscoach, dass du auch mit deiner Idee scheitern kannst. Und klar verrät dir auch niemand, dass du erstmal arbeitest wie ein Ochse und vieles davon auch keinen Spaß macht. Schließlich wollen sie Geld verdienen und dein rosarotes Traumschloss nicht zum Einsturz bringen. (Sorry, bei Frau Chefin ist das etwas anders – hier wird geschrieben wie es ist).

Ich habe allerdings null Verständnis dafür, dass Selbstständigkeit als Trend gehypt wird, als die alles erfüllende und versprechende Arbeitsform. Als Ponyhof mit glitzernden Einhörnern und Zuckerwatte bis zum Abwinken. Als das Allheilmittel, wenn man eine berufliche Neuorientierung sucht und das Gefühl hat, in ein bestehendes Gefüge nicht (mehr) reinzupassen. Sei es für Frauen, die keine Aufstiegschancen sehen oder für Mütter, die nicht mehr zurück in ihre alte Stelle können oder wollen, oder auch weil der Chef nervt und die Kollegen doof sind.

Und ich schreibe das jetzt als jemand, der Frauen dazu ermutigt, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Als jemand, der es wahnsinnig toll findet, wenn Frauen diesen Weg gehen und ihr berufliches Glück finden. Und auch als jemand, der ausschließlich Leser und Kundinnen hat, die selbstständig sind. (Und trotzdem schreibe ich hier nicht nur von glitzernden Einhörnern…).

Allerdings schrillen bei mir sämtliche Alarmglocken, wenn ich beispielsweise in der Frau Chefin Gruppe, in der ich beim Beitritt Fragen stelle, Antworten lese wie „ich dachte, ich probiere das mal aus“ oder „Selbstständigkeit klingt interessant“ oder – am schlimmsten – „ich will nie mehr arbeiten und mich deshalb selbstständig machen“. Da zuckt mein Finger immer wieder ganz nah am Button „ablehnen“. und er klickt ihn in er Regel auch.

Wenn es mal wieder so weit ist, muss ich erstmal ganz tief ausatmen.

Denn es gibt scheinbar wahnsinnig viele Menschen da draußen, die Selbstständigkeit wie ein hippes Getränk anpreisen, ohne die Inhaltsstoffe zu nennen. Als etwas vermarkten, was alle Probleme löst, dich cool werden lässt und dir nebenbei noch zu Reichtum verhilft. Und offensichtlich haben sie damit auch Erfolg – nicht nur, weil sie damit gut Kohle verdienen, sondern weil auch die Vorstellungen in den Köpfen existieren.

Fakt ist: Selbstständigkeit muss man wollen. Nicht nur ein bisschen, oder vielleicht, oder mal wie eine neue Limo ausprobieren. Man muss mit ganzem Herzen und auch mit dem Kopf  dabei sein – und hat trotzdem immer das Risiko zu scheitern. Es gibt keinen Erfolgsgaranten nach dem Motto „Ich muss nur viel und hart daran arbeiten, dann klappt es auf jeden Fall!“.

Trend SelbstständigkeitIch gehe sogar noch einen Schritt weiter: Du musst auch der Typ für Selbstständigkeit sein. Wenn du null organisiert bist, keine Lust hast, längere Zeit an etwas dran zu bleiben, du nicht selbstständig arbeiten kannst und nur das machen willst, was du gerne machst, dann solltest du die Finger davon lassen. Echt jetzt.

Selbstständig zu sein heißt, dass du bestimmst, in welche Richtung dein Boot segelt, dich kreativ austoben kannst, dir deinen Tag flexibler einteilen kannst, nicht um Urlaubserlaubnis fragen musst und auch erst um zehn Uhr am Schreibtisch sitzen darfst – aber es ist auch niemand da, der dein sinkendes Schiff rettet, wenn du es gegen eine Bucht fährst.

Selbstständigkeit kann auch mal wahnsinnig scheiße sein. Zum Beispiel wenn du dir den Arsch aufreißt und dann als Dank eine fette Summe ans Finanzamt abdrücken musst. Oder wenn du krank bist und Verdienstausfall hast. Oder wenn du fest mit einem Auftrag gerechnet hast, ihn dann aber trotz vieler Bemühungen nicht bekommen hast.

Und auch: Egal, wie gut du vorbereitet bist, wie hübsch deine Webseite aussieht und wie gut du in deinem Job bist, wenn die Kunden ausbleiben, ist das einfach Mist. Auch Aussagen wie „ich verdiene zwar weniger, bin aber glücklicher“ können zwar durchaus stimmen, aber wenn es nicht zum Leben reicht, dann ist das Glück und das Empfinden dafür auch ganz schnell verschwunden.

Dann musst du ganz alleine schauen, was du machst und wie du dich aus diesem Loch wieder hochziehst. Du wirst spüren, was es heißt, Existenzängste zu haben, wirst unweigerlich Stellenanzeigen durchforsten und die Wochenenden durcharbeiten, nur um wieder auf einen grünen Zweig zu kommen, um auf gar keinen Fall deinen Traum aufgeben zu müssen.

Selbstständigkeit ist nicht immer rosa mit Glitzer.

Viele scheitern, viele zerbrechen daran und viele wünschen sich, dass sie einfach wieder in ein Büro können und einen Feierabend haben. Genauso viele schaffen es aber auch und gehen in ihrer Selbstständigkeit voll und ganz auf und würden für kein Geld der Welt mehr eine andere Arbeitsform wollen.

Dennoch habe ich immer mehr den Eindruck, dass das Bewusstsein für die Verantwortung bei einer Selbstständigkeit fehlt.

Ich habe sehr lange – um genau zu sein vier Jahre – gebraucht, bis ich mich dafür bereit fühlte, aus meiner nebenberuflichen Selbstständigkeit in die Vollzeit-Selbstständigkeit zu gehen. Ich hatte wahnsinnigen Respekt davor und habe diesen Respekt niemals verloren. Ich war mir jeden Tag bewusst, dass ich nicht nur mir gegenüber eine Verantwortung habe, sondern auch meinen Auftraggebern gegenüber, die mir als frischgebackene Selbstständige das Vertrauen entgegenbrachten, dass ich es drauf habe, diesen Job für sie zu machen. Und auch noch nach vier Jahren.

Ich möchte nicht behaupten, dass das ein Garant für Erfolg ist, aber zumindest dafür, sich keine Traumvorstellung aufzubauen, die nie erfüllt wird.

Wir wollen alle glücklich sein.

Und da unsere Arbeitszeit mindestens ein Drittel unseres Tages einnimmt und unser Leben zu einem großen Teil beeinflusst, ist das absolut verständlich.

Ich möchte dir keine Angst machen und dich von der Selbstständigkeit abbringen. Aber ich möchte dich davor warnen, dass Selbstständigkeit nicht nur gute, sondern auch schlechte Seiten und Zeiten hat. Und dass du davor Respekt haben solltest und dir bewusst sein solltest, was es heißt, selbstständig zu sein. Bist du voll und ganz mit absoluter Leidenschaft dabei? Hast du ein Ziel und eine klare Vorstellung, wen du mit deiner Leistung ansprechen willst? Und möchtest du das wirklich mit Kopf und Bauch, oder ist es nur ein Fluchtversuch, ein Ausweg aus einer negativen Situation?

Wenn nein, dann leg‘ los! Hisse die Segel, gehe raus aus deinem Angestelltenverhältnis und rein in etwas, was dich glücklicher macht. Ich halte dich nicht auf. Reise Richtung Sonne, nutze eine Wolke und fliege zu deinen Glücksmomenten – ich schiebe dir auch gerne die Gewitterwolken beiseite. Aber bitte habe immer einen Regenschirm dabei! Und denke daran: Es könnte auch mal stürmischer werden…

Ist dir dieser Trend auch schon aufgefallen? Was meinst du dazu?

Werde jetzt Teil der Frau-Chefin-Backstage-Crew und verpasse keine neuen Inhalte mehr!

23 Gedanken zu „Selbstständigkeit als Trend? Muss das sein?

  1. Du sprichst mir aus der Seele!
    Ich habe viele Jahre nebenbei gearbeitet, neben dem Hauptjob Termine jongliert, versucht es allen recht zu machen und mich dabei selbst nicht zu verlieren. Und habe dabei viel gearbeitet, viel gelernt und ja, ich war auch oft unzufrieden. Inzwischen bin ich den Schritt in die Selbständigkeit gegangen und für nichts in der Welt würde ich in ein Angestelltenverhältnis zurück gehen. Aber der Ehrlichkeit halber: ich arbeite noch mehr als früher, noch härter als früher, habe weniger Urlaub und es gibt Tage, da macht es keinen Spaß. Wenn man angeschlagen ist, arbeitet man trotzdem, ist freundlich zu den Kunden, organisiert, macht und tut… einfach, weil es sonst ein Verdienstausfall wird. Unfreundliche wenn nicht gar unverschämte Kunden sind im Dienstleistungsbereich nichts ungewöhnliches.
    Ja, ich bin noch im Aufbau und ja, mir ist bewusst, dass ich das so nicht bis zur Rente machen kann. Drum gebe ich jetzt Gas, um mir meinen Traum so aufzubauen, dass ich in absehbarer Zukunft tatsächlich einen Gang zurück schalten kann und es trotzdem läuft.
    In diesem Sinne… einen schönen und erfolgreichen Arbeitstag an dich alle Mitleser.

    1. Hallo Daniela,

      vielen Dank für deinen Einblick! Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass du bald den Fuß vom Gas nehmen kannst. Auf Dauer brennt es dich nämlich aus (meine Erfahrung). Als Selbstständige braucht man ein dickes Fell, da tut so ein ehrlicher Kommentar einfach wahnsinnig gut 🙂 Danke dafür!

      Isabelle

  2. Hallo,
    die Selbstständigkeit liegt nicht jedem bzw. nicht jeder, das ist richtig.
    Für manche kann sie allerdings auch zu einer „Erlösung“ werden.
    Allerdings würde ich auch davor warnen, Selbstständigkeit als das Allheilmittel zu sehen. In Frankreich z. B. wird die Gründung von Unternehmen von staatlicher Seite als ein MIttel gegen Arbeitslosigkeit propagiert. Es ist sicher auch so, dass es viele schaffen, sich dadurch ein regelmäßiges Einkommen zu sichern, viele dümpeln aber mit ein paar Groschen im Monat dahin. Man sollte es sich daher gut überlegen, ob man eine relativ sichere Festanstellung aufgeben will oder nicht.
    Viele sitzen dem Trugschluss auf, eine Firma laufe von Anfang an. Manche Firmen „laufen“ jedoch nie oder man braucht einen sehr langen Atem, bevor man von seiner Idee leben kann. Es ist also erst einmal einiges an Geld nötig, um diese Zeit zu überbrücken.

    1. Genau so ist es, Andrea. Ohne Startkapital oder Gründerzuschuss würde ich die Finger von der Selbstständigkeit lassen. Es ist einfach wahnsinnig selten, dass eine Firma von Anfang an läuft und man sollte nicht der Illusion aufsitzen, dass es so ist, nur weil überall davon berichtet wird…

  3. Liebe Isabelle,

    ja, ja, ja Du hast so recht! Mir ist der Trend auch aufgefallen und ich bekomme jedes Mal das große Kopfschütteln, wenn ich die hanebüchenen Versprechungen lese, die gemacht werden, die du oben auch beschrieben hast. Ich unterstütze beruflich soloselbständige Frauen und ich bin selbst seit 1993 selbständig. Oft genug war ich nahe dran, aufzugeben weil es eben nicht der Ritt auf dem rosa Einhorn ist, sondern manchmal eher das Rumkrebsen und immer wieder neu Anlauf nehmen müssen.

    Mir begegnen leider in meiner täglichen Arbeit auch immer wieder Frauen, denen nicht gesagt wurde, dass eine Coachingausbildung eben nicht reicht. Dass ihnen die Kunden nicht die Türen einrennen werden. Sondern, dass auch noch ganz viele andere Disziplinen dranhängen wie Buchhaltung, Marketing, Steuern, Kundenkontakte, Akquise und ständige Selbstmotivation. Von gesetzlichen Grundlagen ganz zu schweigen.

    Ich liebe meine Selbständigkeit trotzdem, auch weil ich stolz darauf bin, mir meinen eigenen Arbeitsplatz geschaffen zu haben und weil ich exakt das machen kann, was meine Passion ist. Selbständige Frauen zu unterstützen weil ich weiß, dass diese Welt mehr weibliche Stärke und Qualitäten braucht. Ganz besonders auch im Business.

    Trotzdem hast du in allen Punkten recht, die du aufgeführt hast. Manche sind eben keine Selbständigentypen. Manche brauchen Jemanden, der die Verantwortung übernimmt und der sagt, was zu tun ist. Das ist weder gut noch schlecht. Selbständigkeit geht nicht ein bisschen. Das ist wie schwanger sein. Das geht auch nicht ein bisschen. Wer also den Ruf in sich spürt, sein eigenes Business aufzumachen, nur zu! Aber VORHER bitte informieren. Bei seriösen Menschen und nicht bei denen, die nur ihre Programme verkaufen wollen und deshalb rosa Glitzer verstreuen. Das Aufwachen kann nämlich knallhart sein.

    1. Hallo Barbara,

      danke für deinen Kommentar! Ich kann alles zu 100% unterschreiben und es nur noch in deinen Worten sagen: Ja, ja, ja!
      Ich drücke dir die Daumen auf deinem Weg – und starke Nerven 😉

      Liebe Grüße
      Isabelle

  4. Liebe Frau Chefin,

    gerade so etwas von dir zu hören finde ich sehr verantwortungsvoll. Als ich mich 1995 selbständig gemacht habe ich mich oft recht allein gefühlt und es gab nicht so viel Austausch wie heute. Von daher denke ich das es mit den technischen Möglichkeiten wirklich tolle Chancen gibt. Für mich war es in der Dienstleistung mit Behandlungen oft auch ein Gefängnis von 9-21 zu Arbeiten und an Urlaub war die ersten Jahre gar nicht zu denken. Mit einer 9-17 Einstellung kommt man da nicht weit und auch ich gebe dir recht: nicht jeder ist da für geschaffen und es gab so gar eine Zeit ( als der Euro kam und alle erst ma gespart haben) wo ich wieder angestellt war um mich man kann schon fast sagen- zu erholen. Doch als Kapitän braucht man wieder sein eigenes Schiff und ich habe mich weiter durch den Sturm gekämpft. Ich kann nur jeden einen Rat geben: habe für deine Selbständigkeit Rücklagen auf die du eine zeitlang zurückgreifen kannst und habe auch während deiner Selbständigkeit Rücklagen als Polster und dann schaffe dir weiter zukünftige Rücklagen. Das Wort staatliche Rente hatte ich mit dem Start mit 25 für mich aus meinem Kopf gestrichen und mir war klar wenn ich nicht rudere, rudert kein anderer für mich. Von H e r z en eine Solopreneurin Tine

  5. „ich will nie mehr arbeiten und mich deshalb selbstständig machen“ hat mich dann doch fast vom Stuhl geworfen 😀

    Meine Sicht der Dinge: Ich habe auch den Entschluss gefasst mich selbstständig zu machen. Und das vor über einem Jahr. Einkommen? Quasi nicht vorhanden. Hält mich das ab? Definitiv nicht.
    Denn nur wer über diese ganze Augenwischerei nach dem Motto „über Nacht Millionär“ hinwegsehen kann und das Ganze realistisch angeht, hat auch eine Chance.

    Mein Antrieb ist erst einmal der, das du machen, worauf ich Bock habe und dabei mein eigener Chef zu sein. Ich will niemandem die Taschen vollmachen während ich mich mit einem Hungerlohn zufriedengeben muss. Klingt bei meinen Einkommensverhältnissen aus meiner Selbstständigkeit vermutlich mehr als lächerlich ABER lieber arbeite ich 14 Stunden am Tag für mich und baue mir langfristig etwas auf, als 8 Stunden am Tag einer „sicheren“ Arbeit nachzugehen, die mich nicht erfüllt und für die ich nur bezahlt werde, weil der Chef dazu verpflichtet ist.

    Diesen Entschluss muss im Endeffekt jeder für sich treffen. Aus meiner bisherigen Erfahrung kann ich sagen: Es ist hart. Verdammt hart. Aber das macht es für mich nur attraktiver. Wenn es leicht wäre, würde es ja jeder machen 😉

    1. Hallo Andre,

      Ellenbogen raus und los geht’s! Deine Einstellung ist super und wenn du die Rücklagen hast, dann nichts wie los 🙂 Und wie du bereits geschrieben hast: „Wenn es leicht wäre, würde es ja jeder machen“. Alles Gute auf deinem Weg!

      Liebe Grüße
      Isabelle

  6. Liebe Isabelle,

    ich sehe das genauso wie du! Zwar plane ich gerade mich selbstständig zu machen, aber sicherlich nicht mit der Illusion, dass ich dann mehr Zeit haben werde, flexibler bin oder jede Menge Geld verdiene. Das sind zum einen Mythen und Märchen, die sich nur in der Theorie gut anhören und außerdem ist es einfach riskant und zudem oft nicht so rentabel wie man es gerne hätte.
    Für mich ist es eine Chance glücklich zu werden, denn so wie es momentan bei mir aussieht möchte ich nicht weiter machen, ich brauche etwas wo ich 100%ig dahinter stehen kann, etwas was ich im normalen Berufsleben nur schwer umsetzen konnte, bzw. wenn das mal der Fall war gebremst wurde und das Ergebnis ist Frustration, gegen die ich etwas unternehmen muss.

    Liebe Grüße,
    Julia

    1. Hallo Julia,

      ich kann es total nachvollziehen, dass dich das frustriert und du den Schritt in die Selbstständigkeit wagst. Bei dir habe ich auch nicht den Eindruck, dass du vor dich hinträumst 😉 Deshalb bleibt mir nur zu sagen: Geh deinen Weg, halte durch und viel, viel Erfolg! Achja, wenn das Boot mal ins Schwanken kommt, weißt du ja, an wen du dich wenden kannst 😉

      Viel liebe Grüße
      Isabelle

  7. Liebe Isabelle, DANKE dafür, dass auch einmal jemand den Trend zur Selbstständigkeit kritisch hinterfragt. Ich stimme dir in allem, was du schreibst, zu. Auch mir war am Anfang nicht bewusst, worauf ich mich da eigentlich eingelassen habe. Kunden, die kurzfristig abspringen, Verdienstausfall bei Krankheit oder Urlaub, kein fixes Gehalt und daher bis zum Jahresabschluss keine Ahnung, wie viel tatsächlich übrig bleibt, Steuer/Versicherungskosten unterschätzt… Been there, done that 😉
    Klar, man hört und liest zwar davon, aber theoretisch zu wissen, dass sowas passieren kann und wird und es dann wirklich mit der gesamten Gefühlspalette zu durchleben sind immer zwei Paar Schuhe. Und trotzdem würde ich im Moment keinesfalls zurück in ein Arbeitsverhältnis gehen wollen – und gehöre auch zu denjenigen, die andere Leute dazu inspiriert ihre Träume zu leben. Und wenn jemand tatsächlich den Traum hat, sich selbstständig zu machen, dann ermutige ich ihn auch dazu, es auszuprobieren – denn wie du schon schreibst: Man kann nur herausfinden, ob es tatsächlich etwas für einen ist, wenn man es versucht. Aber auch darauf hinzuweisen, dass Selbstständigkeit nicht immer Sonnenschein und vor allem nicht „weniger Arbeit“ oder „nur noch das zu machen was mir Spaß macht“ bedeutet, gehört für mich auch klar dazu. Gerade im Bereich digitales Nomadentum habe ich auch schon festgestellt, dass die Leute gerne ein allzu verklärtes Bild von sich selbst als Selbstständiger mit einer Kokosnuss und Laptop am Strand im Kopf haben 😀
    Ganz liebe Grüße, Anna

    1. Danke, Anna! Super beschrieben. Und das mit der Kokosnuss habe ich auch schon gemerkt. Bin dann glatt mal in den Garten und habe einen auf Urlaub gemacht. Also mehr Rechnungen konnte ich dort leider auch nicht schreiben 😀

      Liebe Grüße
      Isabelle

  8. Liebe Isabelle,
    dem ist einfach nichts hinzuzufügen. Ich arbeite mit Angestellten die den Spaß am Job verloren haben und nicht so recht wissen wie es für sie weitergeht. Für viele von ihnen sind die Versprechen der Selbständigkeit natürlich verlockend und oft kommen (vorwiegend) Frauen zu mir, die dadurch in die Selbständigkeit gegangen, gescheitert und wieder angestellt sind.
    Mein Ansatz ist daher, es gar nicht so weit kommen zu lassen und ihnen den Spaß im Angestellten-Job wiederfinden zu helfen.
    Nur ein kleiner Prozentsatz ist wirklich für die Selbständigkeit geeignet und das zeichnet sich meistens schon im Erstgespräch ab.

    Für mich persönlich war die Selbständigkeit eine Erlösung, aber auch das hat sich schon sehr lange vorher im Angestellten-Dasein abgezeichnet. Allerdings hab ich es auf meine Art und Weise gemacht und nichts auf die bunten Feenstaub schmeißenden Angebote gegeben.

    LG
    Claudia

  9. Hallo Frau Chefin,

    ich finde deinen Artikel wahnsinnig gut! Séit Monaten ist mir bereits selber aufgefallen, wie sehr Selbstständigkeit romantisiert wird. Das fing zum einen mit TV Formaten an, wo gezeigt wird wie „Gründer“ mit einer kleinen Idee über Nacht reich werden. Blogger, die viel reisen und tolle Klamotten haben, leben ja öffentlich auch vor, wie toll es ist, keinen festen Job zu haben.

    Ich war sehr unglücklich mit meinem Job, habe letztes Jahr meine Stundenzahl reduziert und mich nebenberuflich selbständig gemacht mit meinem Blog. Das hat mir viel Spaß gemacht und ich wollte WIRKLICH komplett in die Selbstständigkeit gehen. Dann bekam ich jedoch ein Magengeschwür wegen Stress und dann ist mir erst aufgefallen, was ich meinem Körper mit dem „selbstständigen“ Bloggen angetan habe. Nichts ist es wert, irgendwann tiefe Falten oder einen Herzinfakt zu bekommen.

    Zur gleichen Zeit hab ich mich auf einen Job beworben und ihn schließlich auch bekommen. Ich bin jetzt Social Media Manager bei einem Großkonzern. Kann jetzt fast das gleiche machen wie bei meinem Blog. Mit dem Unterschied, dass ich jeden Tag Feierabend habe und am Wochenende frei, ein festes Gehalt mit Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Der Job macht mir Spaß und es kommt mir neben meinem Ausflug und die nebenberufliche Selbstständigkeit total entspannt vor.

    Ich habe auch schon mit einer Freundin darüber gesprochen, dass die Coaches, die Selbstständigkeit anpreisen, so gut wie nie über die Nachteile sprechen: du musst dich selbst versichern, wenn du keinen Auftrag bekommst hast du kein Geld, du kriegst auch schwieriger einen Kredit bei der Bank, vielleicht musst du Angestelle bezahlen, du kriegst kein Geld wenn du krank oder im Urlaub bist bzw. musst eben dann auch arbeiten. Dazu kommt, dass du nie abschalten kannst, dein Privatleben darunter leidet… Aber womit du halt auch Recht hast: es ist nichts für jeden. Ich habe einfahc gemerkt, dass es nichts für MICH ist, zumindest momentan. Vielleicht ändert sich das ja irgendwann auch nochmal.

    Jetzt hab ich echt viel geschrieben! 😀

    Liebe Grüße.

    Janina

    http://www.janinaloves.com/

    1. Liebe Janina,

      danke für deinen Einblick. Selbstständigkeit MUSS nicht für jeden etwas sein, nur weil einem viel versprochen wird. Ich finde deinen Weg toll, weil er zeigt, dass glücklich sein oder auch glücklich werden in jeder Arbeitsform zu finden ist. Und ja, ein Burnout, Herzinfarkt, Depression oder sonst schwerwiegende Erkrankungen sollen nicht der Lohn für vollsten Einsatz in einer Selbstständigkeit sein. Dann lieber runter vom Gas und es nochmal in einer Festanstellung versuchen.

      Viele liebe Grüße
      Isabelle

  10. Toller Artikel, jetzt wo du es sagst, fällt es mir auch auf. Ich selbst Versuche gerade mich selbständig zu machen. Ich wollte es schon immer und gerade ist der Moment Günstig. Tatsächlich trifft bei mir die Aussage „Ich will ausprobieren, ob es klappt“ zu, denn wie gesagt: der Moment ist perfekt. Jedoch bin ich mir bewusst, dass ich auch scheitern kann und nicht mehr so viel Freizeit haben werde. Wenn wirklich jemand sagt „ich arbeite nur noch wann ich will und verdiene mega viel“ – na servus 😀 schön wäre es.
    Liebe Grüße
    Dorie von http://www.thedorie.com

    1. Dann nichts wie los, Dorie! Du hast meiner Meinung nach die richtige Einstellung zur Selbstständigkeit 🙂
      Ich drücke dir die Daumen, dass es für dich so läuft, wie du es dir vorstellst.

      Liebe Grüße
      Isabelle

  11. Naja, in einer Zeit, in der etliche davon Träumen, als sog. Influencer zu „arbeiten“, da wundert einen doch nichts mehr. (Ich würde sagen, Influencer sein ist durchaus viel Arbeit, aber die Komponente „verdienen“ ist wohl für die wenigsten dabei mit eingerechnet.)

    Seit ich selbst den Schritt gewagt habe, und Facebook das auch irgendwie maschinell verstanden hat, bekomme ich täglich Werbung von irgendwelchen Leuten, die das eigene Business hypen, und in Wirklichkeit mir nur irgend ein „Coaching“ verkaufen wollen, vermutlich weil ihr ehemaliges Kerngeschäft (z.B. Musikproduktion) einfach nicht läuft. Die konstruieren diesen Traum vom schnellen Geld und der großen Freiheit dann natürlich genauso mit.

    Und jetzt ist Freitagabend und ich mach mir einen Kaffee und dann bearbeite ich Aufnahmen und ja das macht mir Spaß und ich bin halt diese Woche zu diesem einen Projekt noch nicht gekommen, dann also jetzt. Von wegen ausgehen oder vor dem TV lümmeln. Aber ich will nicht klagen. So habe ich entschieden.

    Ob es längerfristig klappen wird? Ich hoffe es.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert