Wir leben in einer Zeit, in der es noch nie so einfach war, jederzeit und überall mit Menschen zu kommunizieren. Und dennoch fällt es uns gleichzeitig so schwer. Während Small Talk früher ganz normal war, kokettieren wir uns heute damit, „das ja überhaupt nicht zu können“. Dabei ist Small Talk unglaublich wichtig.
Früher, so zu den Zeiten unserer Großeltern, machten sich die Menschen wenige Gedanken darüber, ob sie nun gut im Small Talk sind, oder nicht. Sie redeten einfach, weil es nunmal viele Kommunikationswege noch gar nicht gab.
Wenn wir uns heute damit kokettieren, Small Talk nicht zu beherrschen, dann passt das so gar nicht in unser ideales Bild von Kommunikation. Die soll schließlich tiefgründig, persönlich, interessant, anregend, ein „echtes“ Gespräch sein. Das Problem daran: Gerade weil wir uns damit unter Druck setzen, fangen wir gar nicht erst an zu reden. Ein großer Fehler. Denn Small Talk kann Türen öffnen.
Der Autor Ross McCammon hat treffenderweise gesagt:
Bevor man etwas tut, muss man darüber reden. Und bevor man darüber redet, muss man über etwas anderes reden. Und das ist Small Talk.
Wichtig ist, dass du dich von dem Gedanken befreist, sofort in das perfekte Gespräch zu starten, dein Gegenüber zu verplüffen und auf keinen Fall zu langweilen. Du solltest dich dem Spiel mit höflichen Fragen, klugen Zitaten, kleinen Beobachtungen und netten Anekdoten anschließen. Denn genau das ist Small Talk.
Small Talk ist unglaublich wichtig
…denn er kann Türen öffnen. Mehr als einmal hatte ich die glückliche Fügung, dass durch eine lockere Plauderei ich in einigen Fällen irgendwann ein Jobangebot bekam. Klar, ich erwarte nicht jedes Mal, dass Aufträge folgen und es ist auch nicht grundsätzlich meine Absicht. Und ich würde mich auch nicht als Meisterin des Small Talks bezeichnen. Für mich ist das jedes Mal eine Überwindung, denn eigentlich bin ich eine Person, die gerne zuhört, aber wenig redet.
Wenn du allerdings geübt im Small Talk bist, dann wirkst du nett und sympathisch und bleibst im Gedächtnis. Wenn du es dann noch verstehst, zur richtigen Zeit deine Visitenkarte zu zücken, oder anzufragen, ob dein Gegenüber mit Freelancern zusammenarbeitet und noch Verstärkung braucht, hast du schon fast gewonnen – so meine Erfahrung.
Auch Small Talk will gelernt sein
Wie immer gilt auch hier: Es ist noch keine Meisterin vom Himmel gefallen. Es heißt für dich wieder üben, üben, üben bevor du es beherrschst – aber dann macht es Spaß.
Doch wie geht das eigentlich? Wie kommt man ins Gespräch? Worüber redet man und welche Fallen sollte man vermeiden?
Ich wollte es wissen und habe daher Ende des vergangenen Jahres eine Suchaktion auf der Frau Chefin Facebookseite gestartet und 4 Frauen ausgewählt, die durch ihren Beruf echte Small-Talk-Showmaster sind und sie gebeten, ihre Erfahrungen und ihr Wissen mit uns zu teilen.
Hier sind die Antworten:
Sonya Osmy, 25, Fotografin aus Hamburg
Wie kommt man ins Gespräch?
Ins Gespräch komme ich am Besten mit „Banalitäten“ wie dem Wetter (z.B. „richtig tolles Wetter für ein Fotoshooting heute, oder?“ oder „wird Euch an so grauen Regentagen auch immer so kuschelig zumute?“) oder „wo kommt Ihr gerade her?“ oder „toller Stadtteil, wohnt Ihr da schon lange“? Leichte, nicht zu persönliche Fragen, die mein Gegenüber zum Erzählen einladen, folgen dann. Ich denke, wenn man als erstes mal davon ausgeht, dass jeder Mensch interessant ist und Interessantes zu erzählen hat, dann können leicht lockere Gespräche entstehen.
Worüber redet man?
Bei meinen Kundinnen ergeben sich immer sehr schnell Gespräche über Kinder, was naheliegt, weil das eine ganz offenbare Gemeinsamkeit von uns ist und weil meine Fotoshootings ganz klar den Kindern gewidmet sind. Aber auch da höre ich eher zu, stelle Fragen, lasse erzählen. Wenn gegenseitiges, ehrliches Interesse besteht, merkt man das aber auch und es entstehen Gespräche über verschiedenste Themen, die gern auch mal in die Tiefe gehen dürfen. Das sind dann Gespräche, die mir wesentlich angenehmer sind als Smalltalk über Banalitäten.
Welche Fallen sollte man vermeiden?
Es gibt zwei Themen, die ich nicht ansprechen würde, da es zu polarisierende Themen sind, die auch einfach schwer einzuschätzen sind: Politik und Religion. Außerdem sollte man seinem Gegenüber kein Gespräch aufzwingen. Smalltalk kann nett sein, ist aber nicht für jeden Pflicht!
Wenn man von etwas keine Ahnung hat, niemals Kenntnis vortäuschen, sondern Unwissenheit „zugeben“, nachfragen, erklären lassen. So geht das Gespräch weiter, das ist authentisch, sympathisch und man ist sich selbst treu. Unwissenheit überspielen wollen ist meiner Meinung nach ein riesiger Smalltalk- Killer.
Das Gleiche gilt auch für Meinungen und Ansichten: lieber authentisch und bei sich selbst bleiben, als ständiges „das sehe ich genauso“, wenn man es ganz anders sieht- dann lieber vorsichtig auf ein anderes Thema lenken, als durch falscher Zustimmung die eigene Authentizität zu verlieren.
Christine Raab, 34, Make-up-Artist aus Großostheim bei Aschaffenburg
Wie kommt man ins Gespräch?
Ich frage den Menschen auf meinem Schminkstuhl meist direkt danach wo er herkommt oder welchen Beruf derjenige hat (gerade wenn es um Schminken für Bewerbungs- oder Businessportraits geht). Bei Bräuten sind alle Fragen gut, die die Hochzeit betreffen, also wo soll die Feier sein, welches Motto gibt es oder ganz allgemein wie es mit den Planungen klappt. Meist erzählen die Leute dann von selbst schon relativ ausführlich darüber und man kann dann darauf wieder Bezug nehmen.
Worüber redet man?
Ich rede meist über leichte Dinge, wie Herkunft, Beruf, Familie oder Hobbies – falls diese zur Sprache kommen. Manchmal erzähle ich auch von mir, meinen verschiedenen beruflichen Tätigkeiten oder meinem Werdegang. Zur Zeit erzähle ich gerne, dass wir gerade ein Haus oder Bauplatz suchen. Die meisten Menschen in meinem Alter oder älter können da gut mitreden und Tipps geben. Auch gut sind Themen wie Filme, Bücher oder Musik.
Welche Fallen sollte man vermeiden?
Ich versuche kritische Punkte zu vermeiden, bei denen oft Meinungsverschiedenheit herrscht und man gegebenenfalls in einen Konflikt gerät. Das kann bei Politik oder Religion sehr schnell passieren.
Alexandra Elflein, 37, Wirtschaftspsychologin und Business-Coach aus Karlsruhe
Wie kommt man ins Gespräch?
Über das was gerade um einen herum passiert. Es gibt was zu essen? Man fragt sein Gegenüber wie es schmeckt. Es regnet oder ist kalt? Man spricht übers Wetter.
Am Leichtesten gelingt der Einstieg entweder mit Allerweltsthemen oder auf die konkrete Situation bezogen. Beispiel:
Wenn ich Bewerber am Empfang abhole, stelle ich immer eine Frage in die Richtung „Haben Sie gut hierher gefunden?“ oder „Wie war die Fahrt?“ Das ist ein toller Eisbrecher. Außerdem können die Menschen mit der Beantwortung Stress abbauen, indem sie von sich und ihren Empfindungen erzählen. Ich zeige Interesse am Befinden der Person und erreiche damit, dass der Bewerber sich beruhigt und wir entspannter in unser Gespräch starten können.
Worüber redet man?
Über Leichtes und/oder Alltägliches. Die Baustelle auf der Kaiserstraße in Karlsruhe, bevorstehende Feiertage oder über den Klassiker: das Wetter.
Welche Fallen sollte man vermeiden?
Die 3 klassischen No Go Themen beim Smalltalk sind Politik, Religion und Geld. Des Weiteren alle Themen die „schwer verdaulich“ sind (Bspw. Tod, schwere Verluste o.ä.) und „Reizthemen“, also Sachverhalte die stark polarisieren und/oder starke Emotionen auslösen könnten. Aktuelles Beispiel: Die derzeit immer wieder aufflammende Debatte zum Thema Flüchtlinge in Deutschland.
Anke OttE, 46, Feng Shui Beraterin aus Hamburg
Wie kommt man ins Gespräch?
Meiner Erfahrung nach ist es ziemlich egal, was ich zu Beginn sage. Wichtiger ist, wie ich es sage – also Mimik und Körpersprache, die Wertschätzung ausdrücken. Ich versuche dann „ich mag dich“ zu denken. Das klappt meistens. Der/die andere ist häufig ganz froh, dass einer einfach anfängt, das Schweigen zu brechen.
Am besten funktionieren offene Fragen – dann startet idealweise ein Ping-Pong. Mit meiner ersten Ballangabe (Ping) versuche ich, Aufmerksamkeit zu bekommen (kann ruhig etwas Banales sein), mit der zweiten, Gemeinsamkeiten zu finden. Zum Beispiel die Situation, in der wir uns beide befinden (Kongress, Party, Networking-Event), den Ort, wo wir beide gerade sind, denjenigen, der eingeladen hat. Oder ich stelle mich ganz profan vor. Sage wer ich bin und was ich mache.
Dann kommt hoffentlich das „Pong“. Da höre ich genau hin und nehme den Ball auf, halte Blickkontakt. Und dann kann ich immer noch beweisen, dass auch mehr geht. Wichtig ist abzuchecken, ob wir auf einer Wellenlänge liegen. Falls nicht, auch nicht wild, dann wäre das wenigstens geklärt.
Worüber redet man?
Unverbindliche Themen wie etwas Aktuelles, das ich im Radio bei der Anreise gehört habe, das Essen, Reisen, Hobbys, Filme, Bücher. Wie gesagt, am besten mit offenen Fragen wie in der Sesamstraße „Wieso, weshalb, warum“. „Wie findest du eigentlich…?“, „Was hältst du von…?“
Gut funktioniert auch ein Kompliment, z.B. „Ich bewundere schon die ganze Zeit Ihren/deinen schönen Ring.“ Ja, das ist profan und von den Amerikanern abgeguckt. Aber meistens funktioniert es und interessiert mich wirklich. Es ist ja auch nur ein „kleiner“ Talk. Geht es ans Eingemachte, also bei mir das erste Feng Shui Beratungsgespräch, habe ich eine klassische Eröffnungsfrage: „Warum bin ich heute hier?“
Welche Fallen sollte man vermeiden?
Ganz klar: zu witzig, tiefsinnig oder eloquent zu sein (schüchtert den anderen nur ein – zumindest geht mir das umgekehrt so), schwierige Themen wie Probleme, Krankheiten, Familiengeschichten, eigene Schwächen und Fehler, Sex, Geld. Ich persönlich finde es auch nervig, wenn ich mich mit jemandem unterhalte und der/die dabei mit den Augen schon die Umgebung abcheckt und damit „Festhalten und Weitersuchen“ signalisiert. Geht gar nicht!
Vielen Dank für eure Antworten!
Ein Gedanke zu „Laber endlich! Oder: Small Talk für Schüchterne“