Aufgeben gilt nicht, Fräulein i.!

Alltag als Selbstständige

„Aufgeben gilt nicht!“ Ein Satz, der wie ein Presslufthammer in meinem Kopf dröhnt. Dass die Selbstständigkeit leicht werden würde, hat absolut niemand behauptet. Dass es unmöglich ist, zum Glück auch nicht. Aber darauf, dass am Ende doch alles ganz anders kommt, war ich nicht vorbereitet.

Ich hatte am Anfang mit allem gerechnet: Mit zu wenigen Aufträgen, zähen Honorarverhandlungen, anstrengenden Kunden, zu späten Zahlungen und fehlenden Fachkenntnissen. Ich war darauf gefasst, mein Konto mit Rücklagen auszugleichen, mir fehlendes Know-How anzueignen und mich als Frau in der hart umkämpften Männerwelt behaupten zu müssen.

Ich war mir sicher, dass meine Freizeit zu Beginn nahezu auf Null schrumpfen würde, familiäre Pflichten zu kurz kommen und ich mein kleines, aber feines soziales Umfeld vollkommen vernachlässigen würde. Und ich wusste, dass ich weniger bis keine Zeit mehr für mich hätte.

Ich fühlte mich mit all meinen Bedenken, vorausgedachten Worst-Case-Szenarien, Hirngrübeleien und damit verbundenen Notfallplänen ausreichend für die Selbstständigkeit gewappnet. Dennoch: Nach 14 Monaten ging ich auf dem Zahnfleisch.

Eine Frage, die mir zu diesem Zeitpunkt immer wieder durch den Kopf schoss, war:

Aufgeben gilt nicht! Oder vielleicht doch?

Ich hatte in den ersten 13 Monaten meiner Selbstständigkeit so viel (privat) mitgemacht, dass ich einfach nur noch meine Ruhe wollte. Dazu kam, dass zwei große Aufträge abgesagt worden sind, ich zwei finanziell wichtige Kunden hatte, die einfach grundsätzlich erst Monate später zahlten, seit Wochen ein Text auf meinem Schreibtisch lag, der einfach nicht fertig wurde, ich von einigen Kundenanfragen nie mehr etwas hörte und ich dazu auch noch jeden Tag eine neue Krankheit entwickelte.

Ich war am Ende mit meinen Nerven, meiner Motivation, meiner Geduld. Ich hätte am Liebsten alles hingeschmissen und wäre Prinzessin geworden. Oder – als realistischere Alternative – hätte gerne ein Sabbatjahr eingelegt und die Welt bereist.

Aber nein, ich entschied mich erstmal für die naheliegendste Lösung:

Eines Abends, als ich schluchzend vor Erschöpfung in den Armen meines Mannes lag und ihm zum wiederholten Male mein Leid klagte – und natürlich unter Wehklagen von meiner Idee erzählte, alles hinzuschmeißen, sagte er nur:

Aufgeben gilt nicht, Fräulein i.!

Ich reagierte selbstverständlich mit noch mehr Gejammere und klagte über das Unrecht der Welt. Was ich natürlich überhaupt nicht sehen wollte, war, dass er damit absolut Recht hatte. Aufgeben, nach allem, was ich geschafft und erreicht hatte? Aufgeben, obwohl ich doch noch so viele Pläne habe? Aufgeben, nachdem ich mir nach so kurzer Zeit einen guten Stand erarbeitet habe?

Und da lag ich nun.

Wehklagend, obwohl ich Erfolg hatte.

Fertig mit den Nerven, weil einfach alles zu viel war.

Deprimiert, weil ich meine Ziele irgendwo zwischen Arbeit und Verpflichtung verloren hatte.

Müde, müde, müde. Aus Frust durchforstete ich Stellenanzeigen im Internet, obwohl ich – trotz allem Unheil der Welt, das ich in diesem Augenblick verspürte – keinen Moment ernsthaft wieder eine Festanstellung anstrebte. Nach stundenlanger zielloser Suche im Internet kam ich dann irgendwann (mehr oder weniger aus Trotz) an den Punkt, an dem ich selbst sagte:

Nein, aufgeben gilt nicht, Fräulein i.!

Wie du dir vielleicht denken kannst, habe ich weder diese noch die nächste Nacht richtig geschlafen. Ich wollte etwas haben, was mir gehört, nur mir. Etwas, bei dem ich nicht von Zahlungen abhängig bin. Ein ernsthaftes Hobby, bei dem ich unabhängig von irgendwelchen Vereinszeiten und von meinem Aufenthaltsort bin. Eine Sache, bei denen ich anderen helfen kann und zugleich einen Mehrwert habe.

Nachdem ich zwei Tage und Nächte vor mich hingegrübelt hatte, wachte ich morgens auf und die Idee war plötzlich da. Stolz verkündete ich beim Frühstück: Ich schreibe einen Blog zum Thema „Berufliche Selbstständigkeit als Frau“!

Die Reaktionen waren allerdings alles andere als ermutigend, motivierend oder aufbauend:

Mann: „Einen was? Was ist denn ein Blog?“
Bruder: „So ein Quatsch! Aber wenn du meinst…“
Mama: „Meinst du nicht, dass du da einen Haufen Zeit vertrödelst?“

Klar kostet das Zeit. Jedes Hobby kostet Zeit. Aber ich war nicht mehr von meiner Idee abzubringen. Drei Monate (und alle Monate danach) bastelte ich in jeder freien Minute an diesem Blog, immer mit dem Ziel, dass jemand aus meinen Geschichten lernen kann, es irgendwo jemanden gibt, der mit mir fühlt.

Und dann? Meine Selbstständigkeit habe ich natürlich nicht an den Nagel gehängt. Keine zwei Wochen später, habe ich mehrere Aufträge an Land gezogen, habe Rechnungen bezahlt bekommen und die Anerkennung von Kollegen bekommen. Den unfertigen Text habe ich an einen befreundeten Texter weitergegeben, der im Nu etwas Schönes gezaubert hatte. Mittlerweile räume ich mir sogar die Freiheit ein, Jobs abzusagen und auch mal drei Tage hintereinander frei zu haben.

Was ich damit sagen will:

Rückschläge, Tiefpunkte und schwierige Zeiten gehören (leider) zu einer Selbstständigkeit dazu. Das Wichtige ist, dass du dennoch nicht aufgibst, nur weil dir Steine im Weg liegen. In der Regel ergeben sich irgendwann Wege dazwischen, wir sehen Lücken und können wieder einen Schritt nach vorne machen.

Und außerdem:

Es ist gut, sich abzulenken, neues auszuprobieren und eine neue, ganz andere Aufgabe zu haben, um mit der Leidenschaft weiterhin selbstständig sein zu können, mit der wir in die Selbstständigkeit gestartet sind.

Ich habe eine große Freude an meinem neuen Hobby, fühle mich ein wenig wie eine Mami meiner Texte und bin unglaublich gerührt, wenn ich von dir, meiner Leserin, ein Feedback zu meinem Blog bekomme 🙂

Welches Hobby hast du als Ausgleich zur Selbstständigkeit? Hattest du auch mal ein Tief? Ich freue mich, wenn du mir von dir in den Kommentaren erzählst.

Merken

Merken

Merken

Werde jetzt Teil der Frau-Chefin-Backstage-Crew und verpasse keine neuen Inhalte mehr!

11 Gedanken zu „Aufgeben gilt nicht, Fräulein i.!

  1. Spannend, wie du zum Bloggen gekommen bist 🙂 für mich ist meine Arbeit auch totale Leidenschaft! Doch abschalten kann ich gut indem ich abends Freunde treffe oder durch Sport bzw. Yoga 🙂 Lg, Theresa

  2. Toller Text! Inspirierend, weil ich gerade an diesem Punkt bin! Was tun, wenn keine Aufträge reinkommen…. Und ich habe auch überlegt zu Bloggen.. und da kam auch von allen seiten „Aber damit kannst du kein Geld verdienen“ und daher bin ich bisher noch nicht daraufeingegangen.

    Dank dir!

  3. Ich kann kaum mitreden bei diesem Thema denn leider bin ich nicht selbstständig. Meine beiden Hobbys derzeit sind das Bloggen und die Fotografie. Gerne würde ich mich irgendwann mit einem davon selbstständig machen, das andere wäre ein schöner und gleichzeitig dazu passender Ausgleich 🙂

  4. Seid tagen fällt es mir schwerer einzuschlafen, heute ist es so schlimm das ich selbst das Internet nach 22 Uhr wieder angemacht habe um zu sehen was ich nur tun kann …. Wie du schon sagst , Müde ..jaa genau das bin ich ich kann und will nicht mehr und finde dann diesen Text der genau das beschreibt was ich gerade durchmache nur das ich leider keinen Habe der wirklich hinter mir steht. Dein Text hat mich zu Tränen gerührt. Danke ! ICH GEBE NICHT AUF 🙂

    1. Liebe Antonia,

      oh, dass mein Text jemandem so nahe gehen kann, habe ich nicht vermutet. Aber ja, es gibt diese Phase – und oft nicht nur einmal. Und auch wenn es noch so schwer fällt, nicht aufzugeben, wissen wir immer, warum wir uns das antun.

      Übrigens: Dieser Blog ist auch und vorallem für diejenigen unter uns, die niemanden haben, der hinter ihnen steht. Du bist hier also genau richtig. Hier darf gejammert, gemotzt, geschmollt, gejubelt, gefeiert, geteilt werden 🙂

      Viele liebe Grüße
      Isabelle

  5. Hallo Isabelle,
    es ist wirklich wunderbar zu lesen, dass man nicht alleine mit diesen Sorgen ist. Ich bin noch mitten im 1. Jahr meiner Selbstständigkeit und versuche ein paar „Fehler“ einfach von Anfang an nicht zu machen, genug zu schlafen und auch mal Freizeit einzuplanen und lieber etwas weniger zu verdienen, dabei aber gesund zu bleiben. Es ist manchmal wirklich nicht leicht. Gerade wenn man Aufträge macht, die einem nichts wirklich bedeuten und keinen Spaß machen, sinkt die Motivation schon manchmal sehr. Und bei mir kommt noch der Konflikt dazu, dass ich eigentlich noch „Anfänger“ und neu auf dem Gebiet bin und erstmal rausfinden muss, was meine Arbeit eigentlich wert ist. Trotzdem bin ich mir sehr sicher, dass es für mich der richtige Weg ist, ich liebe es, meine eigene Chefin zu sein!

    Noch bevor ich deinen Post gelesen habe, hatte ich aber vor ein paar Tagen eine ganz ähnliche Erkenntnis: Ich brauche ein eigenes Projekt, dem ich mit Leidenschaft nachgehen kann und dass dafür sorgt, dass ich wieder stolz auf etwas bin. Nach einem Projektideen Pitch vor Partner und Bester Freundin ist das Projekt nun gefunden und ich kann kaum erwarten, richtig loszulegen.

    Dein Blog hilft glaube ich wirklich vielen, ich stöbere auch seit Wochen immer wieder hier herum, vielen Dank, dass du dein Wissen und deine Erfahrungen mit uns teilst!

    Liebste Grüße aus Hamburg
    Anni

    1. Hallo Anni,

      vielen Dank für das Kompliment. Es freut mich sehr, dass du dich auf dem Blog wiederfindest und öfter zum Stöbern vorbeischaust 🙂 Außerdem finde ich es ganz großartig, dass du dein eigenes (geheimes) Projekt jetzt umsetzen möchtest. Ich drücke dir ganz fest die Daumen, dass es so wird, wie du es dir vorstellst!

      Liebe Grüße aus Karlsruhe nach Hamburg
      Isabelle

  6. Hi Isabella,

    keine Ahnung wie, aber irgendwie bin ich in der endlosen Zahl an Blogs im Rauschen des Internets (und Facebooks) schon ein paar mal auf deinen Blog gelandet und finde das Gesamtkonzept „irgendwie sympathisch. Seit einem dreivierteljahr selbstständig verstehe ich bestens wovon du schreibst… manchmal läuft es eben nicht ganz so wie man es sich vorstellst. Und du sprichst was wesentliches an. Es geht darum auch Fehler machen zu dürfen um daraus zu lernen. Und ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass dies auch zur Entwicklung der eigenen unternehmerischen Kompetenz wesentlich beiträgt. Nichtsdestotrotz empfinde ich es als persönlich sehr wichtig auch in dieser Zeit auf sich selbst zu achten um körperlich als auch mental „da zu sein“.

    Unterm Strich finde ich auch, dass wir Selbstständige auch zusammenhalten und uns gegenseitig zumindest die Daumen drücken sollten! Viel Erfolg noch mit deinem Business! 🙂

    lg Mario

    1. Herzlich Willkommen, Mario. Schön, dass du immer wieder auf meinem Blog landest. Da scheine ich irgendwas richtig gemacht zu haben 😉 Ich bin da voll und ganz bei dir, dass wie Selbstständige zusammenhalten und uns unterstützen sollten – deshalb gibt es auch Frau Chefin. Ich wünsche dir viel Erfolg und freue mich über weitere Besuche von dir – wie auch immer du hier landest 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert